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KI und News: Unselige Verbindung oder Innovationsschub?*

Spätestens seit der Kooperation zwischen Axel Springer und OpenAI dürfte klar sein, dass sich auch in der deutschen Medienbranche einiges ändern wird. Das betrifft auch Nachrichten, Social Media und Tickerdienste. Werden wir bald von billigen Meldungen überflutet? Was bedeutet das für Leser und Informationsgewinnung?

von Adrian H. Messe, 03.03.2024

*) garantiert ohne KI geschrieben

KI-Tools erstellen jetzt schon News und Beiträge

Bereits jetzt gibt es zahlreiche Tools, die in der Lage sind einfache Texte oder Nachrichtenbeiträge zu schreiben. Auch gibt es bereits spezialisierte Software, die darauf trainiert ist, Nachrichtenartikel und Newsfeeds zu schreiben. Ganz neu ist das aber nicht, denn bereits seit Jahren werden diverse Börsennachrichten so erstellt. Was es vorher hingegen noch nicht gab, ist dass beispielsweise auch Laien mit einfachen Texteingaben strukturierte und verständliche Pressemeldungen erstellen lassen können. Diese müssen sie dann etwas redigieren und voilà: wer weiß wie, kann eine KI so gut trainieren, dass man wirklich kaum noch einen unterschied zwischen einer menschlich oder automatisierten Pressemitteilung erkennt. Den Feinschliff muss zwar aktuell noch selbst machen, doch ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch das nicht mehr unbedingt sein muss.

Aufgefallen ist es bereits öfter, dass diverse Journalisten oder Anbieter ihre Texte so erstellen. Mit der aktuellen und den kommenden Versionen der GPT-Reihe und ihren Nachahmern wird sich die Schlagzahl dieser Entwicklung deutlich erhöhen. Bereits jetzt ist es möglich, etwa mit ChatGPT 4.0, künstlich erstellte Artikel in Sekundenschnelle erstellen zu lassen. Mit entsprechenden anderen Tools lassen sich täuschend echte Portrait-Bilder von Menschen erstellen, die etwa Journalisten oder Blogger darstellen. Sogar Quellenverweise und Zitate von echten Internetquellen sind möglich. Wer es darauf anlegt, kann bereits seit längerer Zeit ganze Profile von Fake-Angestellten erstellen lassen, die eine lebendige Redaktion suggerieren – die es in Wirklichkeit aber gar nicht gibt.

Das Problem ist, dass viele Beiträge, die einen niedrigen bis mittleren Inhaltsgrad haben, von der Leserschaft meistens nur überflogen und durchgescrollt werden. Dass Rezipienten gelesene Inhalte immer seltener auf Wahrheitsgehalt prüfen, ist schon lange bekannt. Und das ist gefährlich. Ein Beispiel: Lasse ich einen Artikel über meine kürzliche Urlaubsreise erstellen, sind Niveau und Inhaltsgrad nicht sonderlich hoch. Die Erwartung der Leser an einen tiefgründigen und informativen Text sind ebenfalls eher niedrig, verglichen mit Wirtschafts- oder Politiknachrichten. Infolgedessen werden die Inhalte meines Reiseartikels kaum geprüft und geradezu einfach hingenommen. Zugegeben: ein einzelner Artikel bewirkt wenig. Viele und breit gestreute Beiträge dieser Art, seien es Artikel, Blogposts, Beiträge auf Social Media oder dergleichen, können aber durchaus eine gewisse informative Durchschlagkraft entwickeln.

Große Verlagshäuser haben die Zeichen der Zeit bereits erkannt. Axel Springer – international inzwischen ein Riese und mit bald weit größerem ausländischen, als deutschem Marktschwerpunkt, ist frühzeitig eine Kooperation mit den Machern von ChatGPT eingegangen. Davon verspricht man sich nicht nur höhere Informationsflüsse, sondern auch Geldersparnis und ganz neue Geschäftsmodelle. Kleinere Verlagshäuser schauen in die Röhre – große KI-Lösungen muss man sich eben leisten können. Bald werden wir noch weniger spezifische Nachrichtenverlage haben, als bereits jetzt.

 

Das Problem der Qualitätskontrolle – und was, wenn KI besser arbeitet, als wir?

Das Hauptproblem für Leser, Kunden oder Kooperationspartner ist natürlich die Qualitätskontrolle dieser Beiträge. Auf der einen Seite gibt es zwar Tools, die das entsprechend prüfen. Es lässt sich somit einfach erkennen, ob eine KI einen Text geschrieben hat, oder nicht. Hinzu kommt, dass KI auch die Information auf Echtheit, beziehungsweise auf Querverweise prüfen kann. Auf der anderen Seite besteht für den Rezipienten das Problem, dass man heute weder Motivation noch Zeit hat, gelesene Artikel oder Beiträge auf ihre Echtheit zu prüfen. Jüngere Rezipienten verlieren sich im Informationsüberfluss und scrollen hunderte Beiträge und Informationen am Tag durch. Sie können zwar leichter intuitiv erkennen, was echt und ist was nicht, sind jedoch sehr technikgläubig und wissen viele Tools nur oberflächlich einzusetzen. Mittelalte Rezipienten kennen und verstehen die Tools, kommen aber mit dem Informationsfluss weniger gut klar, als jüngere. Ältere Rezipienten konsumieren deutlich weniger Informationen, kennen aber Tools und Technik nicht und tun sich immer schwerer damit sich vorzustellen, zu was künstliche Intelligenz überhaupt in der Lage ist.

Natürlich ist gute KI inzwischen so effizient und zielbringend trainiert, dass der Informationsgehalt erstellter Artikel beeindruckend hoch ist. Für einfache und genau gestellte Fragen sind die Beiträge immer wahrheitsgetreuer und präziser. Es sollte nicht unterschätzt werden, wie gut KI bereits jetzt Texte nicht nur überarbeiten, überprüfen und korrigieren kann, sondern echte Recherchearbeiten in Sekundenschnelle erledigen kann. Besonders beeindruckend sind Verbindungen mit Pressedatenbanken, wie sie insbesondere von angloamerikanischen Diensten angeboten werden. Hier lassen sich Marktdaten, Presseinhalte und Inhalte Sozialer Medien direkt und automatisiert in Fact-Sheets, Übersichten und eben auch in Artikelentwürfe transformieren. Am Horizont winken bereits diverse Anbieter und Dienstleister einander zu, um KI-Tools und Datenbankendienste zu verbinden. Große Anbieter, wie etwa LexisNexis, haben diesen Weg bereits eingeschlagen und überzeugen mit umfassenden Marktrecherchen und Ergebnissen.

Es bleibt die Frage: Wer braucht dann noch journalistische Fachrecherchen? Die überwiegende Mehrheit der Pressearbeit ist ganz und gar nicht investigativ, sondern in der großen Masse deskriptiv, verbunden mit routinemäßiger Recherche und Aufbereitung. Das sind Arbeiten, die KI-Tools in Kürze schon deutlich besser beherrschen wird, als wir. Auch wird die Qualitätskontrolle, seien es Inhalte, Duktus, Grammatik oder Rechtsschreibung, künftig ausschließlich von Software übernommen werden. Mal davon abgesehen, dass die meisten Online-Ariktel gefühlt sowieso von niemandem mehr korrekturgelesen werden.

 

Fazit: Fallende Qualität und Wegwerfnachrichten

Alles in Allem werden sich zwei Strömungen auftun. Auf der einen Seite werden große Verlagshäuser und Dienstleister immer stärk auf sehr teure und sehr gute KI-Lösungen setzen. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Sie werden auf Qualitätssteigerung, Inhaltssteigerung und neue Geschäftsmodelle setzen. Sie werden mehr Umsatz machen und den Markt stärker dominieren. Kleinere Anbieter, etwa im News-Sektor, werden zusehends verdrängt werden, sofern sie keine Nischenprodukte oder Nachrichten anbieten, die umfassende Recherchearbeiten erfordern, etwa im Politik- und Wirtschaftsbereich. Gerade im sogenanten Infotainment oder Boulevard werden wir künftig mit noch mehr Wegwerfartikeln bombardiert werden, die irgendwie von einer KI erstellt worden sind, oder eben mit KI-Unterstützung. Im Social-Media-Bereich werden wir nicht nur viel mehr automatisierte Nachrichten oder Beiträge erhalten sondern auch von noch mehr Bots getrollt werden. Grundsätzlich wir die Qualität hier nicht sonderlich hoch sein, sondern mehr auf Masse denn auf Klasse setzen. Schon jetzt werben große Social-Media-Plattformen damit, dass automatisierte Unterstützung angeboten wird, um Artikel zu schreiben. Ob die Leser oder Nutzer das überhaupt möchten, sei dahingestellt.

Auf Leser kommen daher drei zentrale Herausforderungen zu, wenn es um News-Beiträge und Nachrichten im Internet geht. Erstens: In Zukunft wird der Leser noch stärker als zuvor gefragt sein, um Falschnachrichten von echten Nachrichten zu unterscheiden. Zweitens: Eine weitere große Hürde wird es sein, relevante von nichtrelevanten Artikeln zu unterscheiden. Drittens: Der Informationoverload wird stark anwachsen, die Leser müssen stärker lernen, ihren Informationsbedarf zu priorisieren. Um diese drei Herausforderungen zu bewältigen sind Allgemeinbildung, Wissen, Sprachkompetenz und mediale Kompetenz zwingend erforderlich. Es wir die zentrale Aufgabe unserer Gesellschaft sein, diese Fähigkeiten allen Generationen in den nächsten Jahren näherzubringen.

 

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